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Breite Front gegen geplante Apothekenreform

23.07.2024

Apotheker, PTA, Patienten, Kommunal- und Bundespolitik und Hausärzte warnen vor einer drastischen Verschlechterung der Patientenversorgung vor Ort

Düsseldorf. „Gesundheit ist etwas Persönliches. Da wollen Menschen keine Abstriche machen“, so brachte es Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein e.V. zum Auftakt der Regionalkonferenzen an Rhein und Ruhr zum Thema „Patientenversorgung gefährdet. Die geplante Apothekenreform im Fokus“ auf den Punkt. Um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, seien Apotheken unabdingbar, ergänzte Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. Mit dem Konzept der Apotheke ohne Apotheker, wie sie Lauterbach plane, würde der Minister sein eigenes Versprechen, dass es bei den Änderungen im Gesundheitssystem nicht zu Leistungskürzungen kommen werde, brechen, betonte Hoffmann. „Sieht man in die Apotheke der Zukunft wird die Rolle des Apothekers für Patienten immer bedeutender werden. Dies ist weder nur stundenweise noch sprunghaft verteilt über bis zu sieben Offizinen möglich.“ Preis und Hoffmann hoben beide in ihren Statements hervor, dass die größten Leidtragenden dieser geplanten Reform die Patientinnen und Patienten sein werden.

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Machten in der Regionalkonferenz am 19.07.2024 in Köln auf die negativen Folgen der geplanten Apothekenreform für die Patientenversorgung aufmerksam (von links): Dagmar Hußmann, Dr. Armin Hoffmann, Dr. Georg Kippels, Thomas Preis, Sabine Härter, Dr. Ralph Elster, Gabriele Amoriello und Dr. Oliver Funken.

Patienten in großer Sorge: „Apothekenschließungen machen uns Angst“

Angesichts von immer mehr Apothekenschließungen betonte Sabine Härter als Patientenvertreterin der Deutschen Diabeteshilfe: „Jede Apotheke weniger ist ein Verlust und wir sind die, die die Lasten tragen. Denn wir brauchen persönliche Beratung in unserer Arzneimitteltherapie“, verdeutlichte Härter. Auch wegen der steigenden Anzahl chronisch kranker Patientinnen und Patienten, wie Diabetikern, sei die Versorgung vor Ort immer wichtiger. Denn mittlerweile sei statistisch gesehen jeder Zehnte an Diabetes erkrankt, die Dunkelziffer liege eher bei jedem Achten. Mit chronischen Krankheiten gehe oft auch eine Multimedikation einher mit großem Wechselwirkungspotenzial und somit ein hoher Beratungsbedarf durch Apotheker. Gerade für ältere Menschen sei es aber, so Härter weiter, wichtig, dass da vor Ort jemand persönlich da sei. Auch gegen Einsamkeit sei das Gespräch von Angesicht zu Angesicht sehr wichtig. „Dass man nun angesichts eines steigenden Versorgungsbedarfs mit der Apothekenreform plant, das Qualitätsniveau zu senken, ist aus Patientensicht unverständlich und nicht hinnehmbar“, stellte Härter klar. Schließlich seien Apothekerinnen und Apotheker und ihre Teams vor Ort verlässliche Ansprechpartner für uns Patienten und ihre Sorgen, sei es bei Fragen zur gesunden Lebensführung, Ernährung, Handhabung von Hilfsmitteln und ganz besonders zur Arzneimittel-Therapiesicherheit, so Härter.

Schließungswelle muss gestoppt werden: Bürgermeister der Stadt Köln und Wirtschaftsexperte untermauern dringenden Handlungsbedarf

Im Gegensatz zur bundespolitischen Ebene ist der dringende Handlungsbedarf zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Arzneimittelversorgung auf kommunaler Ebene längst angekommen. Der Bürgermeister der Stadt Köln, Dr. Ralph Elster, verdeutlichte hierzu: „Eine Apotheke ist ein Wirtschaftsbetrieb!“ Es reiche ein schlichter Dreisatz, um den Kostendruck in Apotheken nachzuvollziehen, so Elster weiter. Seit 2013 habe es keine Erhöhung des Honorars gegeben, die Inflationsrate sei aber zweistellig gewachsen. „Es ist klar, dass bei der Erhöhung des Verbraucherpreisindexes und der Erhöhung der Personalkosten eine signifikante Anhebung des Apothekenhonorars dringend nötig ist“, betonte Elster. Auch in Richtung Berliner Politik appellierte Elster als Bürgermeister einer der größten Städte in Deutschland: „Wir brauchen die Versorgungsstrukturen vor Ort!“ Den dringenden Handlungsbedarf verdeutlichte er auch nochmal mit dem Hinweis, dass in Köln nicht nur Apotheken in den peripheren, sondern auch in den zentralen Lagen schließen würden. Dass das geplante Gesetz die schlechte finanzielle Situation noch weiter verschlechtern werde, erläuterte der Rechtsanwalt und Steuerberater Gabriele Amoriello von der Treuhand Hannover Steuerberatung und Wirtschaftsberatung für Heilberufe GmbH. Er machte an konkreten Zahlen fest, dass das Gesetzesvorhaben nicht geeignet sei, die Apotheken wirtschaftlich zu stabilisieren. Es gebe keine Maßnahmen, um aktuelle und erwartete Kostensteigerungen zu kompensieren. Ein Ende der Schließungswelle sei daher nicht abzusehen.

Hausärzte warnen vor Downsizing der Kompetenzen

Dr. Oliver Funken, Mitglied im Bundesvorstand des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, reagierte mit völligem Unverständnis auf die geplante Apothekenreform. Neben dem „Downsizing der Kompetenzen“ bei den Apotheken verwies er auf zu erwartende Kommunikationsschwierigkeiten, wenn das Gesetzesvorhaben so tatsächlich umgesetzt werden sollte. Insgesamt sei zu befürchten, dass die Versorgung den Bach runter ginge. Funken prangerte auch grundsätzlich die Realitätsferne der gesundheitspolitischen Planungen an. Schließlich wisse doch jeder, welche Herausforderungen allein schon der demografische Wandel und auch der Mangel an Fachkräften für die ambulante Versorgung mit sich bringen würden. Im Hinblick auf die heilberufliche Kooperation zwischen Hausärzten und Apothekern betonte er vor allem die Arzneimitteltherapiesicherheit, wo es ganz besonders auf eine gute Zusammenarbeit ankommen würde. Funken appellierte an die Politik, sich vor Ort zu erkundigen, was für die Primärversorgung wichtig sei und forderte vorhandene Strukturen besser zu „empowern“. Dabei betonte er, dass der Dialog mit allen Leistungsträgern nötig sei, um das Gesundheitssystem zu verändern. Beispielgebend sei hier, so Funken, das Aktionsbündnis Patientenversorgung, das gemeinsam mit dem Apothekerverband Nordrhein gegründet worden sei, um sich gemeinsam für bessere Rahmenbedingungen in der Patientenversorgung zu engagieren.

„PTA’s sind keine kleinen Apotheker“

Die Leiterin der PTA-Lehrakademie in Köln, Dagmar Hußmann, erteilte dem Vorhaben des BMG, dass PTA’s eine Apotheke leiten sollen, eine sehr deutliche Absage. Schließlich seien PTA’s keine kleinen Apotheker. Hierzu stellte sie klar: „PTA werden definitiv nicht zum Führen einer Apotheke ausgebildet, so Hußmann, schon gar nicht zum Führen einer Videoapotheke. Auch wenn die PTA-Ausbildung zwar entsprechend angepasst werden solle, sei dies in üblichen PTA-Schulen gar nicht möglich.

Auch Dr. Georg Kippels (CDU/CSU), Bundestagsabgeordneter sowie Obmann und Berichterstatter für Arzneimittel und Apotheken im Deutschen Bundestag machte hierzu deutlich: Wir haben eine Reihe hochqualitativer Herausforderungen, die sich nicht mit Telemedizin lösen lassen, betonte Kippels. Man könne sie ebenso wenig lösen, indem man Aufgaben auf PTA übertrage, für die sie nicht vorbereitet wurden. Zum Reformvorhaben wünschte sich der erfahrene Gesundheitspolitiker aus dem Rhein-Erft-Kreis von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine „Politik des Dialogs“. Dann würde man auch zu einem vernünftigen Gesetz kommen, so Kippels.